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Die Causa Hopp


Zum Heimspiel gegen Köln haben wir insgesamt 10.000 Flyer mit folgendem Kommentar unserer Gruppe zur Causa Hopp verteilt:

Wer am Samstagabend das aktuelle Sportstudio gesehen hat, könnte denken, der DFB hätte seine moralische Seite entdeckt. DFB-Präsident Fritz Keller sprach im Interview von dem "Tiefpunkt des Fußballs". Hätte man den Bundesliganachmittag zuvor nicht verfolgt, würde man sich fragen, was ist passiert? Sind erneut Wanderarbeiter beim Stadienbau in Katar gestorben? Ein neuer Fall von korrupten Funktionären? Gab es wiederholte rassistische Rufe in deutschen Stadien? Nein. Ein Spruchband - zwar ein Beleidigendes, aber eben nur ein Spruchband - lässt die Empörung ins Unermessliche schießen. Man kann durchaus der Meinung sein, dass Gewalt bei Beleidigungen beginnt und das gezeigte Transparent mindestens als geschmacklos bezeichnen. Auch wir möchten darauf hinweisen, dass wir persönliche Anfeindungen und Drohungen nicht gutheißen und sie nicht förderlich sind, um einen konstruktiven Dialog zu führen. Die Scheinheiligkeit von Fußballpresse und Verbänden zeigt sich jedoch spätestens dort, wo mit zweierlei Maß gemessen wird. Manche sind eben doch gleicher als Andere. Wenn es jemanden trifft, der am globalen Fußballbusiness mit die Strippen zieht, dann - und natürlich nur bei einem punkteirrelevanten Stand von 0:6 - ja dann ist eine neue Dimension erreicht worden. Leider kamen die Hintergründe der Transparente in fast allen Darstellungen deutscher Medien entweder zu kurz oder wurden in Talkrunden, die nur aus Teilnehmern desselben Meinungsspektrums bestanden, erst gar nicht behandelt: der Wortbruch des DFB zu Kollektivstrafen. 2017 beschloss der DFB, auf Kollektivstrafen für ganze Fanblöcke oder Stadien zu verzichten. Das klingt zunächst nach einer gütigen Tat und einem Entgegenkommen auf Fanbelange. Bei genauerer Betrachtung bedeutet die Abkehr von der Sippenhaft maximal den Sprung ins aktuelle Jahrtausend. Alleinig die deutsche Sportgerichtsbarkeit in Form des DFB ist zu solchen Maßnahmen fähig - der deutsche Staat hat strafrechtlich zum Glück kein Anrecht auf die lapidare Einstellung "mitgefangen, mitgehangen". Nun sind seitens des DFB für das Fehlverhalten Einzelner kollektive Fanausschlüsse in Sinsheim für Borussia Dortmund für drei Jahre beschlossen worden. Auf diesen Sachverhalt bezog sich das Spruchband der Münchener Fans am Samstag in Hoffenheim. Etwaige Straftatbestände und die Ermittlung von möglichen Tätern sind dabei vom deutschen Rechtsstaat zu klären und nicht von TV-Experten am Samstagabend zubeurteilen.

Ab sofort jedoch bei jedem kritischen Spruchband Spielabbrüche zu fordern, stellt die Unantastbarkeit Einzelner über die Meinungsfreiheit aller. Spätestens hier sollte sich ein jeder fragen, ob es hier wirklich um eine Beleidigung geht oder ob das Hochglanzprodukt Bundesliga keine kritische Meinung duldet. Welche kruden Zustände die Reaktionen teilweise annehmen, zeigen folgende Beispiele: Dietmar Hopp sagte, dass ihn diese Proteste "an ganz dunkle Zeiten erinnern". Was soll das bedeuten? Herr Hopp zieht mit einer schlichten Beleidigung gegen ihn Nazi-Vergleiche? Herr Keller mahnt Vereine generell aufzupassen, welchen Fans sie Tickets geben. Sportdirektor Max Eberl sieht in den Spruchbändern Parallelen zu rassistischen Anschlägen in Hanau. Was passiert hier bitte? Es scheint, als käme die Beleidigung nur zu gelegen, um kritische Teile der Fanszene mundtot zu machen und mittelfristig aus den Stadien verbannen zu können. Dem Businessplan des DFB nach sieht ein Stadionbesuch bekanntlich auschließlich wie folgt aus: Kommen - Konsumieren - Applaudieren - Wiederkommen. Nun wird ein Drei-Punkte-Plan als Novum diskutiert. Dieser ist jedoch alles andere als neu. Seit Jahren besteht diese Form als Passus der Regularien der FIFA. Jedoch mit dem Unterschied, dass diese Maßnahmen ergriffen werden sollten, wenn rassistische oder diskriminierende Vorfälle existieren und nicht bei kritischen Meinungen zu Einzelpersonen. Auf Schalke wurde vor einigen Wochen der Herthaner Torunarigha mit Affenlauten beleidigt und bekommt für seinen nachfolgenden Ausraster die gelb-rote Karte. Direkte Konsequenzen durch den Drei-Punkte-Plan sah der DFB in diesem Fall nicht. Anscheinend hat es in den letzten Jahren keine ausreichenden rassistischen oder diskriminierenden Vorfälle in deutschen Stadien gegeben - ähnliches behauptete der DFB-Präsident am Samstag im Interview. Geht es jedoch um den DFB und dessen Freunde & Förderer, kommt dieses Mittel plötzlich nur zu gelegen. Nein, man muss diese Form des Protestes nicht gutheißen. Nein, Beleidigungen sind kein korrekter Umgangston zur Kommunikation der eigenen Meinung. Und nein, liebe SC Paderborn-Fans, ihr müsst nicht der gleichen subjektiven Meinung dieses Flyers sein. Jedoch sollte sich jeder Einzelne eine eigene Meinung zu diesem Ausmaß bilden und dazu möchten wir anregen. Komplexe Sachverhalte in ein simples Schwarz-Weiß-Muster zu pressen und Gruppen mit unterschiedlichen Meinungen gegeneinander aufzuhetzen, das ist die wahre gesellschaftliche Fratze unserer Zeit - und dies macht sich der DFB zunutze.

Supporters Paderborn '04

Linksammlung zu dem Thema:


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